San Francisco ist eine wunderbare Stadt, meine absolute Lieblingsstadt und meine zweite Heimat. Reisende lässt sie nicht kalt – entweder man liebt sie, oder man hasst sie. Etwas dazwischen gibt es nicht. Deshalb kann es nicht schaden, sich vor dem ersten Besuch ein wenig vorzubereiten.
Das Wichtigste zuerst: Nie, NIE aber auch GAR NIE sollte man San Francisco als “Frisco” bezeichnen. Obwohl dies auch Amerikanern geschieht, kann man sich nicht schneller als Frischling outen und die Einheimischen vor den Kopf stossen. Wenn schon Abkürzungen, dann “SF” oder simpel und einfach “Thecity” (in einem Wort, wie hier treffend beschrieben).
Allgemeines
Als eigentlich ziemlich unamerikanische Stadt mit grossen europäischen und asiatischen (v. a. chinesischen) Einflüssen ist sie das Zentrum der Finanzindustrie der Westküste, vor allem aber der Hochtechnologie und von allem, was irgendwie mit Internet zu tun hat. Und früher was sie das Zentrum der Hippie-Kultur, was man immer noch an den komischen Gestalten auf der Strasse und der immer noch vorhandenen extrem liberalen Haltung erkennen kann.
Die Stadt ist zwiegespalten: Auf der einen Seite die .com-Millionäre und der Wohlstand, den die Technologie der Stadt und dem angrenzenden Silicon Valley gebracht hat, sowie die Innovation, die überall in der Luft liegt. Auf der anderen Seite die damit verbundene Gentrifizierung, die kaum mehr bezahlbaren Mieten und die Vertreibung ärmerer Schichten – reich und arm geben sich in dieser Stadt die Hand. Deshalb auch ziemlich grosser Unmut über die Internet-Firmen wie Google und Apple und vor allem Facebook, die mit ihren Mitarbeiter-Abhol-Bussen die Stadt verstopfen. Darum sieht man auch und zu Graffitis wie “Kill the Dot!”.
Anyway, SF hat mich Toleranz gelernt. Man sieht kaum sonst so viele unterschiedliche Typen, und vor allem ziemlich viele “komische” Typen. Nichtbeachtung bzw. gegenseitige Achtung heisst die Devise: Leben und leben lassen. Nicht verwundert sein, wenn einer einem aus einer anderen Daseinsebene oder gar einer anderen Dimension anspricht…
Homelessness und Kriminalität
SF hat extrem viele Homeless People (Obdachlose), dies insbesondere deshalb, weil es in der Stadt viele Hilfswerke und Organisationen gibt, die sich um Homelessness kümmern, aber auch aufgrund der Gentrifizierung landen “normale” Menschen auf der Strasse. Insbesondere an der Market Street Richtung Tenderloin und United Nations Plaza wimmelt es von Homeless People. Im Normalfall sind sie harmlos, aber ich würde nachts die Gebiete um die UN Plaza, Civic Center und Tenderloin meiden.
Leider zieht die Stadt auch sehr viele Kriminelle an, vor allem Taschendiebe, die sich an den Touristen bzw. deren Taschen vergreifen. Also immer doppelt vorsichtig sein, und auch in den “sicheren” Gebieten auf Taschen, Geldbeutel und Kameras achtgeben. In der Stadt lieber mit dem iPhone Bilder schiessen und die grosse Kamera zu Hause lassen.
Allgemeine Orientierung
Links. Die Stadt ist so links, wie man in den USA nur sein kann: Sie gilt nicht nur aufgrund der Hippiekultur als besonders liberal, sondern ist auch eine Sanctuary City, die Immigranten vor der Verfolgung durch Bundesbehörden schützt.
Aber eigentlich war der Zwischentitel nicht politisch gemeint… Prinzipiell ist für den Touristen der Bereich “oben rechts” interessant.
Grundsätzlich interessant ist der Bereich rechts/östlich und oberhalb/nördlich der US 101 (Van Ness Ave) und links/westlich bzw. oberhalb/nördlich der I-80, die dann über die Bay Bridge nach Oakland führt.
Die schachbrettartigen Strassen sind aus einem Grund, den niemand kennt, in unterschiedlichen Winkeln angelegt; die beiden Haupt-Schachbretter treffen sich an der Market Street, die im vorderen Bereich ganz nett ist, aber schnell zu etwas unattraktivem verkommt, das man nicht gesehen haben muss. Die einzelnen Stadtteile im Detail:
- Financial District: Banken, Wolkenkratzer, wie man es halt so kennt. Interessant zu sehen, am Wochenende mehr oder weniger verlassen. Zu den Höhepunkten gehört die Architektur (vor allem: Transamerica Pyramid, Embarcadero Center, Ferry Building). Interessant auch wegen den Geschäften, insbesondere um den Union Square, dem eigentlichen Zentrum der Stadt. Dort vor allem der neue Apple Store, erst kürzlich eröffnet und ein phänomenales Gebäude von Architekt Norman Foster.
- Downtown/Nob Hill: “Unten” eher ältere Wolkenkratzer, je weiter man den Berg erklimmt, teurere Hotels und nette Wohnlagen. Der Grant St. entlang und zwei bis drei Strassen weiter hoch bzw. runter ist Chinatown, muss man gesehen haben. Der Jones St. entlang auf dem Nob Hill in Richtung Russian Hill erhascht man tolle Ausblicke auf den Financial District und die Bay.
- Tenderloin/Civic Center: Es gäbe hier zwar City Hall und das Opera House zu sehen, diese Gegend ist aber zu meiden, insbesondere in der Dunkelheit. Auf keinen Fall ein günstiges Hotel in dieser Gegend nehmen!!
- North Beach: Auch Little Italy genannt, besticht durch tolle italienische Restaurants und nette Bars; eigentlich eine sichere Gegend, mit vielen kleinen Ausgangslokalen.
- North Waterfront/Embarcadero/Fisherman’s Wharf: Dem Embarcadero entlang verläuft eine gute Jogging-Strecke und unterdessen ist in den alten Docks langsam etwas los. In Richtung Golden Gate befindet sich mit Fisherman’s Wharf (insbesondere Pier 39) die Touristen-Ecke mit allem Drum und Dran, inklusive Ripley’s Believe it or not, auf den ersten Blick günstigen Elektronik-Läden und peinlichen T-Shirts. Von ganz vorn vom Pier 39 bekommt man einen tollen Ausblick auf Alcatraz (wer eine Tour möchte, mindestens zwei Wochen vorher über Internet reservieren), und direkt neben dem Pier hat es wildlebende Seehunde, ganz lustig. Ansonsten diese Gegend meiden und lieber….
- Marina: … der Küste via Russian Hill, Marina und Presidio entlang spazieren. Gehört neuerdings alles zum Golden Gate National Park, mit Schiffsmuseum, schöner Küste mit tollen Ausblicken, Parks und so weiter. An einem schönen Sommertag kann man da gut verweilen. Marina ist auch eine gute Wohngegend, allenfalls lässt sich hier ein gutes AirBnB finden.
- South of Market, Yerba Buena: Quartiere im Umbruch. Die Hippies und Gays werden aus ihren angestammten Lofts vertrieben, und durch Yuppies und Gays in Appartment-Wolkenkratzern vertrieben. Sicher das Gebiet, in dem sich die Stadt am Schnellsten verändert – ob zum Guten oder Schlechten, sei mal dahingestellt. Interessant für Liebhaber neuer Architektur, Kunst (unter anderem das MoMA), oder Tech-HQs (Twitter, SalesForce, Uber, …). Nach einem anstrengend Spaziergang in der Nähe sind die Yerba Buena Gardens eine nette Oase der Ruhe, und auch sonst gibt es hier viel zu entdecken.
Es gäbe noch so viel zu berichten – dies wird in weiteren Beiträgen geschehen.