Man könnte meinen, die Amerikaner hätten das Autofahren erfunden (stimmt nicht, es waren je nach Geschichtsdeutung die Franzosen oder die Deutschen). Wie dem auch sei, Autofahren in den USA ist kinderleicht – sofern das Kind über 16 ist. Dennoch ein paar wesentliche Tipps, die einem das Leben erleichtern.
Ich bin kein Verkehrsexperte oder Rechtsgelehrter, deshalb bitte diese Tipps mit Vorsicht geniessen und in jedem Fall die Beschilderung beachten.
1 – Highway ist nicht gleich Freeway
Ein Highway ist in Amerika eine Landstrasse (basierend auf der Tatsache, dass “Highways” oftmals leicht erhöht angelegt wurden und immer noch werden. Egal wie viele Spuren, ein Highway ist keine Autobahn. Auf einem Highway hat man prinzipiell kein Recht auf freie Fahrt. Auch bei vierspurigen Strassen kann oftmals links abgebogen werden, was zu Verkehr führt, der die Fahrtrichtung kreuzt.
Dies ist vor allem auf innerstaatlichen Highways der Fall, kann einem aber durchaus auch mal auf ländlichem Gebiet auf einer Interstate passieren. Deshalb immer vorausschauend fahren, es kann durchaus vorkommen, dass langsamer kreuzender Verkehr aufkommen kann.
Das heisst aber auch, dass man vielleicht selbst links abbiegen muss – dafür existiert in den allermeisten Fällen eine Einspurstrecke. Das ist aber erst die halbe Miete: man muss noch den Gegenverkehr kreuzen. Sehr sehr weit vorausschauen – der Verkehr kommt schneller, als wir es uns vom typischen Linksabbieger gewöhnt sind, und vor allem die Trucks sind schneller unterwegs, als wir es uns gewohnt sind.
Sicher vor solchen Spässen ist man erst auf dem Freeway, eine Strasse – egal wie viele Spuren und egal, ob es sich um eine Interstate oder eine State Route handelt – bei der man das Recht auf freie Fahrt hat. Es gibt keinen kreuzenden Verkehr, ausreichend lange Einfahrten und Ausfahrten, vergleichbar mit unseren Autobahnen. Freeways werden in der Regel mit einem grünen Schild mit der Aufschrift “Begin Freeway Section” bzw. “End Freeway Section” angekündigt. Nur dann ist man sicher vor querendem Verkehr.
2 – Schule und Schulbus
In Dörfern und Städten beträgt die Geschwindigkeit in der Regel 35 MpH (Miles per Hour, etwas über 50 Km/h). Ist eine Schule in der Nähe – signalisiert durch neongelbe Tafeln und Markierungen auf dem Boden, gilt ein massiv tieferes Tempolimit (manchmal gar nur 15 MpH), sofern Schulkinder in der Nähe zu sehen sind. In solchen Fällen blinken die Tafeln häufig zusätzlich, man sollte aber selber Ausschau halten, und nur schon beim Verdacht auf die Anwesenheit eines Kindes die Geschwindigkeit massiv drosseln. Die Amerikaner kennen keinen Spass, wenn es ums Fahren in der Nähe einer Schule geht: der Sheriff mit der Radarpistole ist oft nicht weit entfernt.
Strassenübergänge in der Nähe von Schulen sind häufig auch zusätzlich abgesichert; ein ganzer Schilderwald inklusive Warnleuchten ist dann präsent. Schulkindern, die die Strasse überqueren wollen, ist immer der Vortritt zu gewähren; dabei sollte man vollständig stoppen und mit dem Kind Augenkontakt aufnehmen.
Wenn viele Schulkinder unterwegs sind, sind häufig erwachsene Begleitpersonen dabei, die mit Leuchtwesten und Leuchtstäben ausgerüstet die Strasse sperren, so dass die Schulkinder die Strasse queren können. Diesen Sperren ist unbedingt Folge zu leisten, sofern man nicht geteert und gefedert am nächsten Marterpfahl enden möchte.
Damit die Kinder überhaupt in die Schule kommen, dafür gibt es den Schulbus. Schulbusse sind (praktisch alle) gelb mit schwarzen Streifen mit dem Namen der Schule in aufgesprayten Lettern auf der Seite – wie man es vom Film her kennt.
Schulbusse halten an vielen Orten, um Kinder ein- und aussteigen zu lassen. Dabei gilt folgende Regel: Hält ein Schulbus und hat die Warnblinker gestellt sowie das “Stop”-Schild gesetzt, muss jeglicher Verkehr stoppen – auch der Gegenverkehr.
Das heisst, immer auch auf den gegenkommenden Verkehr achten, ob ein Schulbus gestoppt ist – dann stoppen und warten, bis er weiterfährt. Schulbusse sind heutzutage kaum zu übersehen, sind sie doch mit Warnleuchten und Stroboskop-Lichtern ausgestattet.
Im Umgang mit Schulbussen ist auch sonst Vorsicht geboten: Sie sind meist langsamer unterwegs als anderer Verkehr und halten öfter; so halten Schulbusse in der Regel vor jedem Bahnübergang, auch wenn die Schranke oben ist oder die Warnlichter dunkel sind.
3 – Rechts abbiegen bei Rot
Wird bei uns jetzt zumindest für Velofahren eingeführt, in den USA gang und gäbe: Grundsätzlich darf bei einem Rotlicht auf der rechtesten Spur rechts abgebogen werden und wird gleich behandelt wie “kein Vortritt”. In den meisten Städten ist dies erlaubt, und falls nicht, wird dies explizit mit einem Schild kundgetan (weisses Schild “No Turn on Red”).
Vergisst man rechts abzubiegen oder traut sich nicht, können die Fahrer hinter einem schon mal etwas ungeduldig werden. Deshalb wenn nicht anders ausgeschildert und bei keinem Gegenverkehr durchaus vom Rechtsabbiegen bei Rot Gebrauch machen.
4 – Rechts überholen und Spurwechsel
Bei uns gilt auf zweispurigen Strassen pro Fahrtrichtung, dass man auf der rechten Spur fahren muss, ausser zum Überholen. In den USA gelten folgende Regeln:
- Auf zweispurigen Strassen kann überholt werden, wenn die gelbe Mittellinie gestrichelt oder mit einer ausgezogenen und auf unserer Seite gestrichelten Linie ausgeführt ist (wie in der Schweiz), und natürlich kein Gegenverkehr kommt. Dies wird oftmals auch mit zusätzlichen Schildern (“Do not pass”) angezeigt.
- Auf vierspurigen Strassen mit wenig Verkehr sollte rechts gefahren werden, ausser zum Überholen.
- Auf mehrspurigen Strassen oder vierspurigen mit viel Verkehr sollen überflüssige Spurwechsel vermieden werden (“lane discipline”).
Dies bedeutet auch, dass grundsätzlich rechts überholt werden darf, wenn hierfür die Spur nicht gewechselt wird: Wenn ich also auf der zweiten Spur von rechts fahre und vor mir auf der links danebenliegenden Spur einen Schleicher habe, darf ich rechts an ihm vorbeiziehen, sofern ich das Geschwindigkeitslimit einhalte.
Diese Regel erleichtert das Fahren bei viel Verkehr auf Strassen mit vielen Spuren enorm. Man kann sich natürlich nicht darauf verlassen, dass niemand die Spur wechselt, aber die für Ungeübte ziemlich hohe Geschwindigkeit bei vielen Spuren ist einfacher handhabbar, wenn man sich nur auf die eigene Spur konzentrieren muss, mit ab und zu mal einem Blick nach links und rechts.
Beim Spurwechsel unbedingt dies durch rechtzeitiges Blinken anzeigen und erst den Wechsel vollführen, wenn der Raum frei ist. In der Regel wird man problemlos den Spurwechsel machen können, es wird einem Platz gemacht.
Noch was: Ist man auf einer vierspurigen Strasse ganz rechts unterwegs und es steht ein Unfallfahrzeug oder Polizei, Feuerwehr etc. auf dem Standstreifen, nach Möglichkeit auf die linke Spur wechseln und mit grossem Abstand vorbeifahren – zur Sicherheit aller.
5 – Vierfachstopp
Mein absoluter Liebling: Der Vierfachstopp. Meist ist er auf weniger stark befahrenen Strassen in Städten und Dörfern zu finden und mit Stopp-Schildern an allen vier (oder wie viel auch immer) Zufahrten zur Kreuzung gekennzeichnet. Dabei sind die Stoppschilder in der Regel zusätzlich mit “All Way” gekennzeichnet.
Bei einem All-Way-Stopp gilt, dass grundsätzlich alle ankommenden Fahrzeuge anhalten müssen und Fussgänger immer Vortritt haben. Weitergefahren gilt in der Reihenfolge der Ankunft. Das heisst also, immer vorausschauen und sich merken, wann man an der Reihe ist. Für esoterische Situationen gelten folgende Regeln:
- Kommen zwei Fahrzeuge gleichzeitig am Stopp an, gilt Rechtsvortritt;
- Kommen zwei Fahrzeuge aus entgegengesetzten Richtungen gleichzeitig an und beide fahren geradeaus oder biegen beide rechts ab, können sie gleichzeitig losfahren;
- Kommen zwei Fahrzeuge aus entgegengesetzten Richtungen gleichzeitig an und fährt nur ein Fahrzeug gerade aus weiter, hat dieses Fahrzeug den Vortritt;
- Kommen zwei Fahrzeuge aus entgegengesetzten Richtungen gleichzeitig an und beide wollen in die gleiche Strasse einbiegen (das eine nach links, das andere nach rechts), hat das nach rechts abbiegende Fahrzeug Vortritt (weil es näher beim Ziel ist.
Liest sich komplizierter als es ist. Mit gesundem Menschenverstand, rechtzeitigem Blinken und Kommunikation mittels Handzeichen gelingt es reibungslos.